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Erstellt am 09.10.2024

Geteilte Führung: So geht Co-Leadership

Bei geteilten Führungsmodellen wie Co-Leadership (Co-Lead) oder Topsharing teilen sich zwei oder mehrere Personen eine Führungsfunktion. Dabei gibt es unterschiedliche Ausprägungen. Yves Ekmann und Dennis Lengacher führen den Bereich Marketing Communications von PostFinance in geteilter Führung. Wie haben sie sich aufgeteilt und was sind ihre Erfahrungen?

Teamplayer: Dennis Lengacher (links) und Yves Ekmann sehen Co-Lead als Chance, um gemeinsam noch besser und breiter abgestützt entscheiden und handeln zu können.

In Kürze

  • Geteilt führen heisst partnerschaftlich führen: Zwei Führungspersonen tragen die Verantwortung und treffen wichtige Entscheidungen gemeinsam, oft auch unter Einbezug des Teams.
  • Grundvoraussetzungen für erfolgreiches Topsharing und Co-Lead sind maximale Offenheit und Transparenz und dass die Führungspersonen das Modell mittragen.
  • Wie funktioniert das in der Praxis? Yves Ekmann und Dennis Lengacher geben im Interview Einblick in ihr Co-Lead-Modell.

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Eine Führungsperson pro Team, eine Leiter:in pro Abteilung, eine CEO pro Unternehmen

Klassische Führungsmodelle setzen auf die Ein-Personen-Führung. Mit New Work kommen neue Führungsmodelle zum Tragen, die die Führungsrolle und damit auch die Verantwortung auf zwei (oder mehrere) Schultern verteilen. Nicht mehr eine Person allein steht an der Spitze, sondern ein Tandem. Man spricht auch von geteilter Führung.

Topsharing oder Co-Lead?

Wenn von geteilter Führung die Rede ist, spricht man häufig von Topsharing und Co-Lead, wobei diese Begriffe nicht einheitlich verwendet werden. Unter Jobsharing versteht man im Allgemeinen, dass sich Personen eine Führungsfunktion und die Verantwortung teilen (Beispiel: Zwei Mitarbeiter:innen, die beide in einem 60-Prozent-Pensum arbeiten, führen ein Team). Bei diesem Modell steht oft die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Vordergrund. Als Co-Lead werden meistens Modelle verstanden, bei denen zwei oder mehrere Führungspersonen eine Führungsfunktion in mehrheitlich getrennten Führungsaufgaben wahrnehmen, wobei es eine Schnittmenge an gemeinsamen Führungsaufgaben gibt (Beispiel Co-Lead Marketing Communications von PostFinance). Bei diesem Modell steht die Diversität an Ideen und Perspektiven im Vordergrund. Alle Modelle können sowohl zeitlich und inhaltlich als auch zweckmässig differenziert und angepasst werden. PostFinance verwendet die beiden Begriffe Topsharing und Co-Lead als Sammelbegriff für Modelle der geteilten Führung.

Chancen:

  • Zwei spezialisierte Mitarbeiter:innen vergrössern die vorhandenen Fachkompetenzen.
  • Zwei Personen können sich auf zwei berufliche Netzwerke stützen.
  • Der fachliche und personelle Austausch auf Augenhöhe der Co-Leiter:innen führt zu ausgereifteren Entscheidungen.
  • Es sind mehr Kapazitäten für die fundierte Weiterentwicklung von Mitarbeiter:innen vorhanden.
  • Die Aufgabenteilung bereichert das Spektrum der ausgeübten Tätigkeiten, steigert die Motivation der Führungspersonen und bringt Innovationskraft.
  • Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Vollzeitstellen werden auch für Teilzeitarbeitnehmer:innen zugänglich.
  • Aus Sicht des Arbeitgebers: Moderne Führungsmodelle sorgen für eine höhere Arbeitgeberattraktivität. Zudem handelt es sich dabei um eine stärkenorientierte Führung, was die Führungsqualität erhöht und die Gesundheit der Führungspersonen fördert, da sie dank der Verteilung der Verantwortung auch weniger Stress ausgesetzt sind.

Herausforderungen:

  • Es bestehen hohe Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit.
  • Die Nachbesetzung einer Person der Co-Leitung kann sich schwierig gestalten.
  • Speziell bei Teilzeit: Es besteht ein hoher Koordinationsaufwand für beide Führungskräfte.
  • Aus Sicht des Arbeitgebers: Das Rekrutierungsverfahren ist komplexer, um zwei passende Personen zu gewinnen. 

Co-Lead in der Praxis: Interview

Bevor Yves Ekmann und Dennis Lengacher im Mai 2023 als Co-Lead Marketing Communications starteten, kannten sie sich noch nicht persönlich. Sie lernten sich beim Bewerbungsprozess auf den Job kennen, der mit der Option Co-Lead ausgeschrieben war. Yves kam von extern, Dennis von intern. Beide konnten sich die Zusammenarbeit im Tandem vorstellen und tragen seither die Verantwortung für sieben Teams mit 70 Mitarbeiter:innen. Beide arbeiten in einem 90-Prozent-Pensum. Im Interview reflektieren sie den bisherigen Weg im Co-Lead.

Warum teilt ihr euch die Führung von Marketing Communications im Co-Lead?

Yves: Mich überzeugt der kollaborative Ansatz dieses Modells. Es entspricht meiner Vorstellung von Führung und Zusammenarbeit, die auch beinhaltet, dass wir uns selbst da nicht allzu wichtig nehmen. Grundsätzlich beziehen wir unsere Teamleiter:innen und Mitarbeiter:innen in viele Fragen mit ein. Der Co-Lead ist ein weiteres Element, um gemeinsam noch besser und breiter abgestützt entscheiden und handeln zu können – als Team, von dem wir ein Teil sind.

Wie habt ihr euch konkret organisiert im Co-Lead?

Dennis: Jeder von uns führt je drei bzw. vier Teamleiter:innen in einer Eins-zu-eins-Beziehung und ist für die entsprechenden Themen wie Anlegen oder Contentmarketing verantwortlich. Auch für taktisch-strategische Aufgaben wie zum Beispiel Entwicklungsthemen der Marketingdisziplin oder strategische Budgetplanung haben wir definiert, wer im Lead ist. Entscheidungen treffen wir hier aber gemeinsam. In die dritte Kategorie fallen Führungsaufgaben, die sich nicht splitten lassen wie zum Beispiel Kultur oder strategische Personalplanung. Mit diesen klaren Strukturen wollten wir klare Zuständigkeiten schaffen und gewährleisten, dass für unsere Führungsperson, aber vor allem auch für die Teamleiter:innen kein Mehraufwand entsteht.

Ein Tipp für andere Co-Leads: Worauf sollte man achten, wenn man definiert, wie man im Tandem zusammenarbeiten will?

Yves: Ein Co-Lead sollte unserer Meinung nach immer auf die jeweilige Organisation, die Mitarbeiter:innen, die inhaltlichen Herausforderungen, die Rahmenbedingungen, die Führungspersonen und andere Stakeholder ausgerichtet sein. Und allem voran muss es auf die beiden Menschen passen, die im Co-Lead zusammenarbeiten.

Inwiefern kann ein Co-Lead für mehr Qualität in Marketing Communications sorgen?

Dennis: Unsere Disziplin basiert auf kreativen Prozessen, bei denen die Inhalte mit jeder Interaktion, mit jedem Ping-Pong und jeder Challenge besser werden. Der Co-Lead ist ein exzellentes Instrument, um über den Austausch verschiedene Perspektiven einfliessen zu lassen und die Qualität zu erhöhen – vorausgesetzt, man hat die ideale Challenging-Partner:in. 

Was macht eine gute Sparringpartnerschaft aus?

Yves: Wir haben gelernt, eine Offenheit zu pflegen, in der wir alles miteinander besprechen können, auch heikle Themen. Das Vertrauen ist zu 100 Prozent da und das ist wohl auch das höchste Gut in unserem Co-Lead. 

Was bringt euer Co-Lead dem Unternehmen zusätzlich zum Plus an Qualität?

Dennis: Ein erster Gedanke ist oft, dass ein Co-Lead mehr kostet, weil man zwei Personen für eine Funktion beschäftigt. Oft bietet sich aber die Möglichkeit, Synergien zu nutzen und die Organisationen auch hinsichtlich Hierarchiestufen zu entlasten. 

Was sind aus eurer Sicht die entscheidenden Faktoren für den Erfolg eines Co-Leads?

Yves: Grundvoraussetzungen für die geteilte Führung sind ein möglichst identisches fachliches Verständnis, eine ähnliche Einstellung zur Arbeit und ein maximal identisches Verständnis von Führung. Ob aber ein Co-Lead längerfristig funktioniert, hängt allem voran von zwischenmenschlichen Aspekten ab. Wir haben sehr schnell geklärt, was dem anderen auf die Nerven geht, was No Gos sind und wie wir Unstimmigkeiten früh erkennen und darauf reagieren können, damit es nicht zur Eskalation kommt. Ebenso wichtig ist es, dass der Co-Lead von der Führungsperson unterstützt und getragen wird, wie dies bei uns der Fall ist. Dass wir gemeinsam so vieles vorwärtstreiben und entwickeln dürfen, dafür sind wir sehr dankbar. 

Bringt euch die Zusammenarbeit im Co-Lead auch persönlich weiter?

Yves: Für mich ist es eine persönliche Bereicherung, in dieser Intensität mit Dennis zusammenzuarbeiten. Denn es macht einen Unterschied, ob man sich mit einer Führungsperson oder einer Stellvertreter:in austauscht oder mit einer Co-Lead-Partner:in in dieser vollen Transparenz. Wir können viel voneinander profitieren, indem wir unsere unterschiedlichen Erfahrungen und unser unterschiedliches Know-how zusammenbringen. Es macht wahnsinnig Spass.

Dennis: Bei unserem Co-Lead spielt auch der Fakt eine Rolle, dass man jemanden von intern und jemanden von extern zusammengewürfelt hat. Dadurch konnten wir sehr schnell viel Tempo in die Organisation bringen. Gerade in den ersten Monaten haben wir von dieser Intern-Extern-Kombination profitiert: Neue, frische Ideen trafen auf das Wissen, wie es hier läuft und wo die Hebel sind. Dies erhielten wir auch als Feedback zurückgespielt. Und noch immer ist es jeden Tag inspirierend. Das macht einfach Freude. 

Welcher Typ muss man sein, um im Co-Lead erfolgreich zusammenzuarbeiten?

Dennis: Typischerweise sollten bei Co-Leaders Eigenschaften wie Teamfähigkeit, Toleranz oder die Fähigkeit, anderen Platz einzuräumen, besonders ausgeprägt sein. Das Spannende ist, dass wir etwas anders sind: Jeder von uns übernimmt gerne Verantwortung, ist entscheidungsfreudig und «braucht entsprechend Platz». Dass es trotzdem gut klappt, liegt vielleicht daran, dass wir uns gegenseitig regelmässig reflektieren können und einander gegenüber sehr offen und transparent sind. 

Wo kommt Co-Lead an seine Grenzen?

Yves: Wenn die Hygienefaktoren nicht mehr ausgeglichen sind und man sich gegenseitig ausspielt und beginnt, in den Teams oder bei der Führungsperson übereinander zu reden. Dann bricht das Kartenhaus sofort zusammen. Sobald das Zwischenmenschliche leidet, leiden auch die Organisation, die Führung, die Mitarbeiter:innen. Aus diesem Grund sind Offenheit und Reflexion in einem Co-Lead so zentral. Auch wenn wir nicht immer derselben Meinung sind, ist es uns wichtig, gegen aussen – das heisst ausserhalb unseres Leitungsteams – als Einheit aufzutreten. 

Was beschäftigt euch als Verantwortliche für Marketing Communications aktuell besonders?

Yves: Mit jeder neuen Strategieperiode stellt sich die Frage, was dies für unser Marketing bedeutet. Als Organisation im Unternehmen sind wir sehr gut unterwegs. Doch wie können wir die Kund:innen noch stärker ins Zentrum unserer täglichen Arbeit stellen? Wie können wir unsere Organisation und Mitarbeiter:innen weiterentwickeln, damit wir zukunftsfähig bleiben? Das Marketing wird technologischer, komplexer und der Job der Marketingrollen verändert sich seit einigen Jahren stark und immer rasanter. Wie können wir gewährleisten, dass unser Marketing den gewünschten Output liefert und ein strategischer Wachstumstreiber bleibt? Und wie können wir dabei die gute Kultur und Stimmung, die wir heute haben, konservieren und weiterentwickeln? Das sind die grossen Herausforderungen, die uns beschäftigen und die wir im Co-Lead und zusammen mit dem Team optimal challengen können.

Und noch eine letzte Frage, die alle interessiert, die sich für einen Job im Marketing bei PostFinance interessieren: Wer kann euch überzeugen? Wer passt zu euch ins Team?

Dennis: Ich persönlich bin immer mehr der Überzeugung, dass man sich im Marketing nicht zu wichtig nehmen darf. Wir sind keine Ärzt:innen, die Menschenleben retten. Wir sind keine Physiker:innen, die den Raketenstart berechnen und programmieren. In der Konsequenz ist es eine Materie, die erlernbar ist. Weitergedacht sind es allem voran die menschliche Komponente und die Einstellung, die zählen. Wenn dies stimmt und man willens ist, neue Technologien auszuprobieren, vernetzt zu denken, das Grosse und Ganze zu sehen, vorwärtszugehen, Energie reinzugeben und im Team zu arbeiten, sind schon viele Voraussetzungen erfüllt. Klar muss das Marketinghandwerk sitzen. Aber die erwähnten Skills sind in einem dynamischen Umfeld oft wichtiger als zum Beispiel eine langjährige Erfahrung mit Kampagnen.

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