Arbeiten im Ruhestand: Wie die Silver Society den Arbeitsmarkt verändert
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Arbeiten im Ruhestand: Wie die Silver Society den Arbeitsmarkt verändert
19.08.2025
Immer mehr Menschen entdecken, dass das Erreichen des Pensionsalters nicht zwangsläufig das Ende der beruflichen Aktivität bedeuten muss. Weiterarbeiten nach der Pensionierung ist in der Schweiz weit verbreitet und ein Megatrend, der den Arbeitsmarkt nachhaltig verändert. Dieser Beitrag richtet sich an alle, die im «Ruhestand» weiterhin erwerbstätig sein möchten – ob aus Freude oder finanziellen Gründen.
In Kürze
In der Schweiz bleibt rund jede vierte Frau und jeder dritte Mann über 65 auch nach der Pensionierung beruflich aktiv.
Der demografische Wandel bringt neue Chancen für flexible Arbeitsmodelle im Ruhestand – von Teilzeit über Selbstständigkeit bis Freiwilligenarbeit.
Wer weiterarbeiten möchte, sollte rechtzeitig Vorsorge, Finanzen und rechtliche Aspekte sorgfältig klären.
Es gibt viele Gründe, warum sich Menschen dafür entscheiden, nach der Pensionierung weiterzuarbeiten: Bei den einen ist es die finanzielle Notwendigkeit, bei anderen der Spass an der Arbeit, der Wunsch nach gesellschaftlicher Teilhabe oder die Motivation, noch einmal etwas Neues anzupacken. Nicht allen Pensionierten fällt es leicht, das Arbeitsleben von heute auf morgen auf null herunterzufahren. Die Voraussetzung für eine Weiterbeschäftigung ist natürlich, dass die Gesundheit das Weiterarbeiten überhaupt zulässt.
Megatrend Silver Society bringt Arbeitsmarkt in Schwung
Laut dem Bundesamt für Statistik bleibt in der Schweiz rund jede vierte Frau und jeder dritte Mann auch nach dem 65. Lebensjahr beruflich aktiv. Wie sich diese Zahlen künftig entwickeln, bleibt spannend. Klar ist jedoch: Der demografische Wandel ist in vollem Gange. Unsere Gesellschaft wird immer älter und bleibt länger gesund. Diese Entwicklung, die unter dem Begriff Silver Society zusammengefasst wird, hat Einfluss auf den Arbeitsmarkt: Es gibt potenziell immer mehr Personen, die sich auch im Rentenalter noch auf dem Arbeitsmarkt bewegen.
Demographischer Wandel in der Schweiz: Personen ab 65 Jahre
Die Zahl der über 65-Jährigen wird gemäss Szenario des Bundesamts für Statistik zwischen 2025 und 2055 um 860’000 Personen steigen.
Quelle: Bundesamt für Statistik
Nebst der beruflichen Aktivität gibt es unzählige Wege, diese Lebensphase erfüllend zu gestalten. Wenn Sie Inspiration für Hobbys, Reisen oder ehrenamtliches Engagement suchen, finden Sie vielfältige Ideen in unserem Beitrag «Ruhestand aktiv gestalten».
Was immer Sie auch vorhaben: Spätestens ab 50 Jahren ist es empfehlenswert, einen Blick auf die Finanzen im Alter zu werfen. Tun Sie dies gemeinsam mit unseren Expert:innen.
Tipps für den beruflichen (Neu-)Start im Unruhestand
Nehmen Sie eine Standortbestimmung vor
Beschäftigen auch Sie sich mit dem Gedanken, nach der Pensionierung weiterzuarbeiten? Bevor Sie dies Ihrem aktuellen Arbeitgeber mitteilen oder sich auf die Suche nach einer neuen Beschäftigung machen, lohnt sich eine ehrliche Reflexion. Folgende Fragen können Ihnen dabei helfen, Ihre Ziele und Wünsche für eine Weiterarbeit im Ruhestand klarer zu definieren.
Warum will ich weiterarbeiten?
Wie lange will ich weiterarbeiten?
Wie viel Geld brauche ich bzw. will ich verdienen?
Welches Pensum ist ideal für mich?
Welche meiner beruflichen Fähigkeiten sind gefragt?
Brauche ich eine Weiterbildung, um meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen?
Will ich im angestammten Job/Beruf bzw. in derselben Funktion weiterarbeiten oder etwas Neues machen – siehe auch Arbeitsmodelle und Unruhestand?
Wie stelle ich mir meine künftige Arbeit vor?
Was muss ich neben der Arbeit tun, um mich gesundheitlich fit zu halten?
Die Fragen sind nicht abschliessend. Ergänzen Sie diese je nach Ihrer individuellen Situation.
Gut zu wissen
Nutzen Sie Weiterbildungsangebote, um fachlich auf dem aktuellen Wissensstand zu bleiben. Dies hilft Ihnen, auch nach dem offiziellen Pensionsalter fit zu bleiben für den Arbeitsmarkt. Mehr erfahren im Artikel «Lebenslanges Lernen: berufliche Fähigkeiten der Zukunft».
Interview mit PostFinance-Mitarbeiter Charley Collins: Arbeiten mit 67 – und noch so viel vor
Charley Collins ist 67 Jahre alt und arbeitet bei PostFinance in der Informatik. Ans Aufhören denkt er noch lange nicht. Der Softwareentwickler mit 43 Jahren Berufserfahrung hat noch grosse Zukunftspläne – ausserhalb seines angestammten Berufs: Nebst seiner Festanstellung bei PostFinance ist er dabei, seine eigene Coaching-Praxis aufzubauen.
Zum einen spielte der finanzielle Aspekt eine Rolle: Nach 15 Jahren Selbstständigkeit musste ich mein Geschäft aufgeben, weil mir gleichzeitig mehrere Kund:innen weggebrochen sind. Durch die Weiterarbeit kann ich meine Altersleistungen aufbessern. Zum anderen habe ich Freude an meiner Arbeit. Ich kam vor sechs Jahren als externer Mitarbeiter zu PostFinance und wurde später fest angestellt. Schon damals habe ich signalisiert, dass ich auch über das Referenzalter hinaus arbeiten möchte. In meiner Rolle als Architecture Owner in einem wichtigen Projekt konnte ich viel bewirken, später mein Pensum reduzieren und heute wieder vermehrt programmieren, was mir besonders Freude bereitet. Parallel baue ich eine Coaching-Praxis auf, da ich meine entsprechende Ausbildung noch ein paar Jahre nutzen möchte – mindestens bis ich 75 bin. Ganz aufzuhören, kann ich mir derzeit nicht vorstellen – solange ich gesund bin und mich noch fit fühle, möchte ich noch ein paar Jahre aktiv bleiben. Ich finde es einfach spannend, etwas bewegen zu können. Mit meinen Führungspersonen ist vereinbart, dass ich spätestens mit 70 Jahren aufhöre.
Es war nie ein grosses Thema. Ab und zu treffe ich mich mit ehemaligen Schulkolleg:innen. Die einen arbeiten ebenfalls noch – selbstständig oder fest angestellt. Andere nehmen das Leben nach der Pensionierung gemütlich oder gehen auf Reisen. Die Themen Alter und Pensionierung sind sehr individuell. Wer zum Beispiel lange körperlich hart gearbeitet hat, wird im Alter kaum noch im gleichen Umfang weitermachen können. Andere sind noch fit genug, um ein paar Jahre länger zu arbeiten. Umso wichtiger wäre es, dass es bei der Pensionierungsfrage mehr Flexibilität gibt – je nach persönlicher Situation und Wunsch; auf Seite der Unternehmen und der Politik. Auch die Generationengerechtigkeit zugunsten der Jungen müsste meiner Meinung nach künftig eine grössere Rolle spielen.
Nein, im Gegenteil. Wohl auch, weil ich aktuell weder das Bedürfnis habe, auf lange Reisen zu gehen, noch mich zurückzulehnen und nichts zu tun.
Wichtig ist, den eigenen Arbeitsvertrag genau zu prüfen – viele Verträge laufen mit dem Erreichen des Referenzalters von allein aus. In meinem Fall war es ein unbefristeter Vertrag, sodass ich nahtlos weiterarbeiten konnte. Zudem empfehle ich, sich des eigenen Werts im Unternehmen bewusst zu sein: Ältere Mitarbeiter:innen bringen oft wertvolle Erfahrung und Fachwissen mit. Das sollte sich auch in den Anstellungsbedingungen widerspiegeln – insbesondere beim Lohn. Eine automatische Lohnkürzung sollte meiner Meinung nach hinterfragt werden.
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Resultat
Prüfen Sie die verschiedenen Arbeitsmodelle im Unruhestand
Für die Art, wie Sie im Ruhestand weiterarbeiten, gibt es keine Einheitslösung. Gerade weil die Lebenssituationen, Interessen und Ressourcen im Alter unterschiedlich sind, lohnt es sich, die verschiedenen Modelle der Weiterarbeit sorgfältig zu prüfen. So können Sie nicht nur Ihre finanziellen, sondern auch Ihre persönlichen Bedürfnisse berücksichtigen und finden ein Arbeitsmodell, das Ihnen gerecht wird.
Nach der Pensionierung besteht die Möglichkeit, beim bisherigen Arbeitgeber in angepasster Form weiterzuarbeiten oder eine neue Stelle bei einem anderen Unternehmen anzutreten. Vielleicht möchten Sie gleich weiterarbeiten wie gehabt oder vielleicht ziehen Sie eine der folgenden Optionen in Betracht:
Teilzeit: Ein reduziertes Pensum mit freier Zeiteinteilung kann die Balance bieten, die viele nach der Pensionierung suchen. Die Arbeitseinsätze erfolgen häufig an bestimmten Wochentagen oder in individuell vereinbarten Zeitfenstern. So bleibt Zeit fürs Hobby oder private Verpflichtungen.
Projektarbeit: Wer jahrzehntelanges Know-how mitbringt, ist für viele Organisationen ein:ewertvoller Sparringspartner:in. Projektbasierte Einsätze – etwa als Berater:in, Coach oder Fachkraft für eine spezielle Aufgabe – ermöglichen punktuelle Einsätze mit hoher Wirkung.
Jobsharing : In Jobsharing-Modellen teilen sich zwei Personen eine Stelle – beispielsweise eine jüngere Fachkraft und eine pensionierte Person. Dabei ergänzen sich Erfahrungswissen und neue Perspektiven. Die Rollenverteilung kann beratend, unterstützend oder operativ sein.
Interim-Management: Personen mit Führungserfahrung übernehmen vorübergehend Managementfunktionen – z. B. zur Überbrückung von Vakanzen oder zur Begleitung von Restrukturierungsprozessen. Der Einsatz ist zeitlich befristet, die Verantwortung klar definiert.
Wichtig: Wenn Sie sich bei einem neuen Unternehmen bewerben möchten, gilt es, Ihre Bewerbungsunterlagen auf den aktuellen Stand zu bringen. Passende Stellen können Sie finden über herkömmliche Jobplattformen, spezialisierte Jobbörsen für Senior:innen, Ihr berufliches oder privates Netzwerk oder Büros, die Temporärstellen vermitteln oder Spontanbewerbungen.
Wenn Sie im Pensionsalter noch etwas dazuverdienen wollen, aber ohne feste Verpflichtung, von Fall zu Fall und mit freier Zeiteinteilung, dann können Sie Ihr Know-how auch als freie Mitarbeiter:in (Freelancer:in) auf dem Arbeitsmarkt anbieten.
Auch um eine eigene Firma zu gründen ist es nicht zu spät: Vielleicht haben Sie früher für Ihre Arbeitgeberin Dienstleistungen erbracht, Kund:innen beraten oder handwerkliche Arbeiten erledigt und möchten Ihre Expertise als Coach, Berater:in oder Handwerker:in in Ihrem Unternehmen anbieten. Oder vielleicht möchten Sie ein lang gepflegtes Hobby professionalisieren – etwa als Kursleiter:in für Kreatives oder mit einem kleinen Onlinegeschäft.
Freiwilligenarbeit ist eine Möglichkeit, die eigene Erfahrung und Zeit in einen gesellschaftlichen Kontext einzubringen. Sie fördert soziale Kontakte und ermöglicht es, weiterhin aktiv zu wirken – jenseits beruflicher Verpflichtungen. Gerade im Übergang vom Arbeitsleben zur neuen Lebensphase kann dieses Engagement eine bereichernde Form der Weiterarbeit sein.
Klären Sie rechtliche und steuerliche Aspekte in Bezug auf die Vorsorge
Arbeiten darf man in der Schweiz im Prinzip, solange man möchte. Jedoch sind die Bestimmungen zu beachten, die in Bezug auf die AHV, die Pensionskasse und die Säule 3a gelten. Klären Sie diese Themen vorzeitig. Sie haben teilweise auch Einfluss auf die Höhe der Steuern.
Allgemein: Eine Erwerbstätigkeit, die nach dem Erreichen des ordentlichen Referenzalters fortgeführt wird, kann mit und ohne Bezug von Vorsorgeleistungen (AHV und Pensionskasse) erfolgen.
AHV: Wenn Sie nach dem Erreichen des ordentlichen Referenzalters weiterarbeiten, müssen Sie auch weiter AHV-Beiträge zahlen. Allerdings nur, wenn Sie den Freibetrag von 16’800 Franken pro Jahr überschreiten. Falls Sie gleichzeitig für mehrere Arbeitgebende arbeiten, gilt der Freibetrag für jedes einzelne Arbeitsverhältnis separat. Liegt Ihr Einkommen unter dieser Grenze, sind keine Beiträge zu bezahlen. Der Rentenbezug kann mit Erreichen des AHV-Rentenalters erfolgen oder um bis zu fünf Jahre aufgeschoben werden.
Pensionskasse: Versicherte haben je nach Reglement der Pensionskasse die Möglichkeit, den Bezug der Altersleistungen aus der 2. Säule (Pensionskasse) flexibel zu gestalten, solange sie erwerbstätig sind. Bei Erwerbstätigkeit über das Referenzalter hinaus ist ein Aufschub bis maximal fünf Jahre möglich. Grundsätzlich endet die gesetzliche Beitragspflicht an die 2. Säule mit dem Erreichen des Referenzalters (65 Jahre für Männer und Frauen). Wird der Rentenbezug jedoch aufgeschoben und gleichzeitig weitergearbeitet, können Pensionskassen in ihrem Reglement vorsehen, dass weiterhin Beiträge entrichtet werden dürfen – sowohl vom Arbeitgeber als auch von der versicherten Person. Dies bringt den Vorteil, dass sich das vorhandene Kapital erhöht und allenfalls auch der Umwandlungssatz steigt, mit dem das Kapital in eine Rente umgerechnet wird. Das ist jedoch freiwillig und muss im Reglement der Vorsorgeeinrichtung explizit vorgesehen sein. Sieht die Pensionskasse keinen Aufschub der Rente vor, sollten Sie allenfalls prüfen, einen Teil als Kapital zu beziehen. Auf diese Weise lässt sich in der Regel das steuerbare Einkommen senken, um eine unnötig hohe Steuerbelastung zu vermeiden.
Säule 3a: Wer weiterarbeitet und ein AHV-pflichtiges Einkommen erzielt, kann maximal fünf Jahre weiterhin im Rahmen der gesetzlichen Limiten in die private Vorsorge (Säule 3a) einzahlen und die Auszahlung des 3a-Vorsorgevermögens höchstens fünf Jahre über das Erreichen des Referenzalters hinaus aufschieben.
Was bringt es den Unternehmen, ältere Mitarbeiter:innen (weiter) zu beschäftigen?
Erfahrungsschatz nutzen und Wissenstransfer fördern: Mit dem Ausscheiden der Babyboomer-Generation drohen viele Unternehmen wertvolles Know-how zu verlieren. Wer ältere Mitarbeitende gezielt einbindet, profitiert von deren Erfahrung, Branchenkenntnis und Netzwerk. Damit können Unternehmen auch dem Fachkräftemangel begegnen. Mehr erfahren im Beitrag «In Zeiten des Fachkräftemangels Mitarbeiter:innen gewinnen»
Altersdiversität als Innovationstreiber: Teams, die verschiedene Altersgruppen vereinen, sind oft kreativer und leistungsfähiger. Die Kombination aus digitaler Affinität der Jüngeren und strategischer Erfahrung der Älteren kann neue Perspektiven eröffnen.
Arbeitgeberattraktivität durch lebensphasenorientierte Modelle: Unternehmen, die flexible Modelle für ältere Mitarbeitende bieten, senden ein starkes Signal: Wir schätzen Menschen unabhängig vom Alter. Das stärkt die Arbeitgebermarke und fördert langfristige Bindung – auch bei jüngeren Talenten, die nach Perspektiven suchen.
Fazit: rechtzeitig die Weichen stellen
Wer nach der Pensionierung weiterarbeiten möchte, sollte sich frühzeitig und gut vorbereiten. Nur so lassen sich rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen – wie etwa ein AHV-Aufschub – optimal planen. Durch das Durchspielen verschiedener Szenarien und das Abwägen ihrer Vor- und Nachteile gewinnen Sie Klarheit über Ihre Möglichkeiten und schaffen die Basis für eine erfüllende Weiterarbeit im Ruhestand.
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