Blockchain im eigenen Unternehmen nutzen: von der Vision zur echten Anwendung

06.06.2025

Blockchain klingt für viele KMU nach Zukunftsmusik. Inzwischen kommt die Technologie jedoch zunehmend in der Gegenwart an. Ob bei Zahlungen, Verträgen oder Investitionen: Immer mehr Anwendungen zeigen, wie Unternehmen davon profitieren können. Wer sich früh damit auseinandersetzt, kann neue Chancen gezielt nutzen.

In Kürze

  • Die Blockchain entwickelt sich von einer Vision zu einer praxistauglichen Technologie mit echtem Nutzen für Unternehmen.
  • Besonders im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr versprechen blockchainbasierte Lösungen mehr Effizienz, Transparenz und tiefere Kosten.
  • Blockchainbasierte Währungen wie Stablecoins gewinnen an Bedeutung als digitale Geldschicht für automatisierte Prozesse und KI-gestützte Zahlungen.
  • In der Schweiz laufen konkrete Projekte, etwa der Deposit Token, der eine moderne und stabile digitale Zahlungsinfrastruktur ermöglichen soll.

Blockchain ist dabei, erwachsen zu werden. Was vor wenigen Jahren noch wie Zukunftsmusik klang, wird heute in konkreten Projekten getestet. Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eröffnet sich damit ein neues Feld voller Chancen: effizientere Abläufe, schnellere Zahlungen, transparente Prozesse. Die Technologie steckt nicht mehr in den Kinderschuhen, sie beginnt echten Mehrwert zu schaffen.

Besonders im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr wird dieses Potenzial künftig sichtbar. Als Rückgrat jeder Geschäftsbeziehung verlangt er nach zuverlässigen, schnellen und nachvollziehbaren Abläufen. Genau hier kann Blockchain punkten: Prozesse werden effizienter, Zahlungen günstiger und Transaktionen lassen sich in Echtzeit transparent nachvollziehen.

PostFinance Experten-Statement: Wieso ist Blockchain für KMUs relevant?

Vom Hype zur Anwendung: der Gartner Hype Cycle

Doch wie weit ist die Technologie wirklich? Viele technologische Entwicklungen starten mit grosser Begeisterung und verschwinden dann rasch wieder von der Bildfläche. Andere entfalten ihr Potenzial erst mit der Zeit. Um solche Dynamiken besser zu verstehen, hat das Marktforschungsinstitut Gartner ein Modell entwickelt: den Gartner Hype Cycle. Dieser zeigt, wie neue Technologien typischerweise reifen, von überhöhten Erwartungen über eine Phase der Ernüchterung bis hin zur breiten, praktischen Anwendung.

Der Gartner Hype Cycle für Blockchain-Anwendungen

Im Blockchain-Ökosystem zeigt sich dieses Muster besonders deutlich. Lange war unklar, ob Kryptowährungen, Smart Contracts, Tokenisierung oder Stablecoins nur ein kurzfristiger Hype sind oder ob sie echten Nutzen stiften. Heute zeigt sich: Einige Anwendungen sind technologisch am Reifen und werden einen konkreten Mehrwert schaffen.

Hype-Zyklus für Web3 und Blockchain, 2024

Gartner Hype Cycle 2024 für Blockchain: Zeigt den Reifegrad von Technologien wie Kryptowährungen, Smart Contracts und Tokenisierung entlang typischer Entwicklungsphasen.
Quelle: Gartner

Eine Analyse von vier zentralen Bereichen des Blockchain Hype Cycles zeigt, wo sich derzeit besonders viel bewegt und wo noch Handlungsbedarf besteht.

Kryptowährungen sind vor allem bei Privatkund:innen beliebt, sei es zum Anlegen oder Traden. Bei Unternehmen und institutionellen Anlegern wie Pensionskassen oder Vermögensverwaltern ist die Zurückhaltung noch gross. Es fehlen oft klare Regeln, Standards oder die passende Infrastruktur.

Trotzdem: Das Thema ist angekommen. Erste professionelle Anleger nehmen Bitcoin und andere Krypto-Vermögenswerte als kleine Beimischung in ihre Anlagestrategie auf.

Auch der Gartner Hype Cycle sieht Kryptowährungen kurz vor dem Durchbruch in den Massenmarkt. Laut Gartner dürfte es noch zwei bis fünf Jahre dauern, bis es so weit ist. In dieser Zeit müsse sich die Infrastruktur weiterentwickeln, die Regulierung klarer werden und das Vertrauen wachsen.

Smart Contracts gelten als Schlüsselfunktion für automatisierte, vertrauenswürdige Abläufe. Dabei handelt es sich um selbstausführende Verträge auf der Blockchain, bei denen sich alle Beteiligten auf vordefinierte Regeln einigen, ohne dass eine zentrale Instanz nötig ist. Das spart Zeit, senkt Kosten und minimiert Fehlerquellen.

Für KMU könnte dies besonders spannend sein, etwa bei sehr kleinen Beträgen, den sogenannten Micropayments. Auch bei Lieferantenvereinbarungen, bei denen Zahlungen automatisch nach Erhalt einer Lieferung ausgelöst werden, zeigen Smart Contracts ihr Potenzial.

Der Gartner Hype Cycle zeigt in diesem Fall ein klares Bild: Der Nutzen von Smart Contracts sei unbestritten, viele Umsetzungen aber noch komplex. Ihr volles Potenzial dürfte sich laut Gartner in fünf bis zehn Jahren entfalten, vor allem in automatisierten Geschäftsprozessen.

Weiter fortgeschritten sind Stablecoins. Ein Stablecoin ist eine Kryptowährung, deren Wert an eine Referenz wie den US-Dollar oder den Euro gekoppelt ist, um Kursschwankungen zu minimieren. Sie bilden so eine digitale, stabile Brücke zwischen traditionellem Geld und Blockchain-Technologie, indem sie Verlässlichkeit mit hoher Geschwindigkeit, Transparenz und Programmierbarkeit vereinen. Damit könnten sie im Zahlungsverkehr künftig eine zentrale Rolle übernehmen, insbesondere bei grenzüberschreitenden Transaktionen, bei denen klassische Systeme oft langsam und teurer sind.

Laut Gartner sind Stablecoins fast reif für den Mainstream. In weniger als zwei Jahren könnten sie breit eingesetzt werden. Sie gelten dabei als wichtiges Bindeglied zwischen der traditionellen Finanzwelt und der Kryptoökonomie.

Bei der Tokenisierung geht es darum, reale Vermögenswerte wie Immobilien, Aktien oder Kunstwerke in Form sogenannter Token auf einer Blockchain digital abzubilden. Diese digitalen Werte lassen sich rund um die Uhr handeln, in kleine Anteile aufteilen und effizienter verwalten als klassische Besitznachweise. Das macht Investitionen zugänglicher, senkt Kosten und schafft neue Möglichkeiten.

Trotz grosser Erwartungen befindet sich die Tokenisierung laut Gartner noch im sogenannten «Tal der Enttäuschung». Die Kundennachfrage fehle vielerorts, ebenso fehlten Standards und praxistaugliche Anwendungen. Gartner geht davon aus, dass es noch fünf bis zehn Jahre dauert, bis die Technologie richtig durchstartet.

Warum Blockchain den Zahlungsverkehr neu definiert

Zahlungsprozesse sind ein zentraler Bestandteil des globalen Wirtschaftssystems. Ohne gut funktionierende Infrastruktur können Unternehmen nicht effizient an den weltweiten Märkten teilnehmen, und diese stösst zunehmend an ihre Grenzen: Internationale Überweisungen können mehrere Tage dauern, sind teils teuer und schwer nachvollziehbar. Besonders bei Zahlungen ausserhalb des SEPA-Raums braucht es neue Lösungen: schnell, direkt und rund um die Uhr.

PostFinance Experten-Statement: Anwendungsbereiche Tokenisierung

Hier setzt die Blockchain-Technologie an. Sie bietet eine neue Qualität im Zahlungsverkehr:

  • Echtzeitabwicklung statt tagelanger Verzögerungen
  • Weltweite Verfügbarkeit, 24/7, unabhängig von Geschäftszeiten
  • Kostensenkung durch den Wegfall von Intermediären
  • Transparenz und vollständige Nachverfolgbarkeit von Transaktionen
  • Programmierbarkeit für automatisierte Zahlungsabläufe

Stablecoins als neue Geldschicht im Internet

Eine Schlüsselrolle in dieser Entwicklung spielen Stablecoins. Sie sind digitale Abbilder staatlicher Währungen wie des US-Dollars. Ihr entscheidender Vorteil gegenüber klassischen Kryptowährungen liegt in ihrer Wertstabilität, die durch die Anbindung an reale Währungen gewährleistet ist.

Als digitale, programmierbare Währung verbinden Stablecoins die Stabilität einer Fiat-Währung mit den technologischen Stärken der Blockchain. Das macht sie zur Basis für moderne, automatisierte Zahlungslösungen:

  • Sekundenschnelle Transaktionen
  • Deutlich tiefere Gebühren
  • Transparenz in Echtzeit
  • Automatisierbare Zahlungslogik

Blockchain-Anwendungen heute und morgen

Stablecoins gehören mittlerweile zu den sichtbarsten Anwendungen der Blockchain-Technologie. Ihre Einsatzbereiche reichen von grenzüberschreitenden Zahlungen bis hin zur Abwicklung von Transaktionen im Handel oder bei tokenisierten Vermögenswerten.

Wenn Maschinen Zahlungen auslösen

Mit jeder neuen Technologie ändern sich auch die Anforderungen, besonders durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI). KI-Systeme könnten künftig vermehrt eigenständig handeln, verhandeln und Zahlungen auslösen. Damit solche Abläufe zuverlässig und rund um die Uhr funktionieren, bräuchte es digitales, programmierbares Geld. Oder anders gesagt: Wo Software entscheidet, müsste auch Software bezahlen können. Stablecoins könnten diese Lücke füllen und rücken damit ins Zentrum einer Wirtschaft, in der Menschen und Maschinen gleichermassen Transaktionen auslösen.

Projekte im Fokus: Deposit Token und Project Agorá

Viele Stablecoins haben sich in der Praxis bewährt und funktionieren technisch zuverlässig. Die meisten werden jedoch von internationalen Tech-Unternehmen herausgegeben. Das wirft grundlegende Fragen auf: Wie transparent ist die Deckung? Wie stabil ist der Anbieter? Und wie sicher sind die Einlagen im Krisenfall?

Gerade für den systemrelevanten Einsatz im Zahlungsverkehr fehlen oft die nötige regulatorische Absicherung und das Vertrauen in eine stabile Infrastruktur. Genau hier setzt die Schweiz an, mit konkreten Projekten für eine vertrauenswürdige Geldinfrastruktur auf Blockchain-Basis.

  • Regulierte Schweizer Banken – darunter auch PostFinance – entwickeln gemeinsam mit dem Bankenverband «Swiss Banking» den sogenannten Deposit Token. Dieser ist vollständig durch Bankeinlagen gedeckt und speziell für den digitalen Zahlungsverkehr gedacht. Die Einbindung ins bestehende Finanzsystem schafft Vertrauen, gerade für Blockchain-Anwendungen, bei denen rechtliche Klarheit entscheidend ist.

  • Die Schweizerische Nationalbank arbeitet mit sechs weiteren Zentralbanken, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und ausgewählten Geschäftsbanken, wovon PostFinance eine ist, an Project Agorá. Ziel: grenzüberschreitende Zahlungen schneller, günstiger und interoperabler machen. Dabei sollen tokenisierte Einlagen und digitales Zentralbankgeld nahtlos zusammenarbeiten.

Potenzial für Schweizer KMU

Gerade für kleine und mittlere Unternehmen bieten diese Entwicklungen handfeste Vorteile. Besonders bei Auslandzahlungen ausserhalb des SEPA-Raums ermöglichen digitale Lösungen effizientere Abläufe und könnten je nach Anbieter auch tiefere Gebühren mit sich bringen. Sie sorgen auch für eine schnellere Abwicklung, ein klarer Vorteil für die Liquidität. Und: Digitale Zahlungen lassen sich direkt in bestehende Prozesse integrieren, etwa in der Logistik, im E-Commerce oder bei wiederkehrenden Rechnungen.

So entstehen neue, automatisierte Geschäftsmodelle, die Zeit sparen und neue Ertragsquellen erschliessen können. In den nächsten drei bis fünf Jahren dürfte sich hier viel bewegen, sowohl technologisch auch als regulatorisch. Für KMU heisst das: Wer sich früh informiert, kann neue Chancen frühzeitig nutzen.

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